Immer wieder bekommen Patienten Lasik-Angebote etwa aus der Türkei mit vermeintlichen Kostenvorteilen. Wo sollte man eine Lasik-Operation durchführen? Wir befragen dazu Ingo Kusserow, Inhaber von CLARIO aus Berlin.
Kusserow: Durch einen Studienaufenthalt in Kolumbien hatte ich das Glück den Vater der Refraktiven Chirurgie Dr. J.I. Barraquer kennenzulernen. Während meiner einjährigen Studie zum Qualitätsmanagement in der Refraktiven Chirurgie konnte ich unzählige Lasik-Eingriffe an ganz unterschiedlichen Excimerlasern beobachten.
Ziel der Studie war es Qualitätsmodelle aus der Industrie auf die ambulante medizinische Versorgung zu übertragen. Ich war begeistert von dieser ungewöhnlichen Offenheit der Klinik gegenüber Nichtmedizinern. Heute freue ich mich etwas zu dieser Transparenz beizutragen und Fehlsichtige unabhängig von den Interessen der Ärzte und Augenoptiker zu beraten und Ihnen zu helfen die richtigen Ansprechpartner für ihre Problemstellung zu finden.
Kusserow: Nein. Das Schlagwort lautet Patient Empowernment. Fehlsichtige Patienten haben ein Anrecht auf entscheidungsrelevante Informationen, um damit nach reiflicher Überlegung selbst entscheiden zu können, ob, wo und warum man sich jeweils für ein Zentrum entscheidet. Auch die Gesellschaft, jeder einzelne und insbesondere die Krankenkassen sollten ein Interesse an erhöhter Transparenz und objektiven Entscheidungshilfen haben, da Fehleingriffe häufig Folge von unzureichender Routine, Lernbereitschaft und Know-How-Austausch sind und einen hohen volkswirtschaftlichen Schaden anrichten können. Die Diskussion um Qualitätskriterien wird überwiegend von den Ärzten entschieden und ist deshalb nicht frei von deren Interessen. In Zukunft sollten aber im Zweifelsfalle die Ansprüche der Patienten Priorität vor einer "gerechten Verteilung von Patientenvolumen" auf die Ärzte haben. Bei planbaren Behandlungen wird der Begriff Versorgungsqualität bislang häufig zweckentfremdet.
Kusserow: In den meisten Fällen ja. Schließlich sind die meisten Kandidaten unzufriedene Kontaktlinsenträger und die setzt man vor allem dann auf, wenn man unter Leute geht; offengestanden, ging es mir da vor meiner eigenen Lasik genauso. Die Unabhängigkeit von der Sehhilfe spielt natürlich auch eine Rolle, doch in Deutschland haben wir ja eine hervorragende Brillenversorgung, selbst in jeder Kleinstadt.
Funktionale Aspekte treffen vor allem auf Sportler und einige Berufsgruppen wie Polizei und Feuerwehr zu. Hier kann die Abhängigkeit von der Brille sogar ein Überlebensrisiko sein. Kontaktlinsen erlauben da schon mehr Freiheiten, sofern sie vertragen werden. Grundsätzlich kann man zur Schönheitschirurgie denken was man will, doch gerade weil solche Eingriffe freiwillig sind, wird dies mittelfristig dazu beitragen, dass sich die Ärzteschaft - allein schon aus wettbewerbspolitischen Gründen - ähnlich anspruchsvollen Qualitätsstandards unterwerfen wird wie die zivile Luftfahrt.
Wieso haben Sie sich erst 1998 für eine LASIK entschlossen?
Kusserow:Ich war selbst sehr kritisch. Einer der ersten Augenärzte, die ich in Südamerika aus Neugier besucht hatte, wollte 1993 noch eine RK (Radiale Keratotomie) mit mir machen. Als ich nach ersten Recherchen von der Lasik hörte und ihm absagte, war er ziemlich sauer. Dennoch auch bei der Lasik war mir als blauäugiger Exot mit weitem Pupillendurchmesser und der Vorstellung von typischen Gegenlichtszenarien auf deutschen Autobahnen lange eine korrigierte Zone von nur 5 mm Durchmesser zu klein. Ich wollte mindestens eine 6,5 mm vollkorrigierte Zone erzielen und bin mit dieser Entscheidung bis heute sehr gut gefahren.
Kusserow: Nein, entgegen eigener Befürchtungen und anfänglicher Vorurteile habe ich in meiner Zeit keinen wirklich enttäuschten Patienten kennen gelernt. Überrascht hatten mich allerdings anfangs die vielen US-amerikanischen Patienten, die meist wegen Fehlbehandlungen aus den USA mit ihren heimischen Augenärzten zum "Enhancement" nach Bogota reisten. Wirklich überrascht war ich nach meiner Rückkehr in Deutschland als eine Studienkollegin ihre starke Kurzsichtigkeit durch eine schmerzvolle PRK bei ihrem eigenen Augenarzt durchführen ließ und sich dabei eine Dezentrierung zuzog, die sich auch heute mit neuster Technik nur sehr mühsam reduzieren lässt.
Kusserow: Vereinfacht gesagt: eine erfolgreiche Behandlung hängt zu 50% von einer optimalen Patientenauswahl, voll standardisierten Voruntersuchungen und entsprechender Parameterwahl ab, zu 30% von dem chirurgischen Know-How und zu 10% von einer disziplinierten Nachsorge. Der Lasertyp ist im Einzelfalle nicht unwichtig wird aber meist völlig überschätzt. Es kommt auf einen absolut eingespielten Prozess aus Voruntersuchung und Behandlung an, um eine extrem hohe Standardisierung der Abläufe sicherzustellen, damit man auch bei kleinsten Unregelmäßigkeiten, sofort und routiniert handeln kann.
Die wöchentliche Behandlungszahl von gleichen refraktiven Eingriffen gibt hier eine erste gute Anhaltsgröße. Liegt diese unter fünf Patienten wöchentlich würde ich von der Einrichtung eher abraten, egal wie gut die Klinik ausgestattet ist. Vereinzelt argumentieren Kliniken mit absoluten OP-Zahlen im fünfstelligen Bereich, fragt man dann nach den Lasik Eingriffen der letzten 12 Monate eines einzelnen Chirurgens, sind es dann selten mehr als 100 Eingriffe. Also nur ein LASIK Patienten wöchentlich! Weitere entscheidungsrelevante Kriterien können Sie bei CLARIO als Checkliste kostenlos anfordern. Selbstverständlich sollte man den Chirurg selber auch als vertrauensvoll empfinden und niemals zögern eine andere Einrichtung aufzusuchen.
Kusserow:Ich habe mich selbst - wie übrigens auch führende refraktive Chirurgen - aus qualitativen Aspekten in Südamerika behandeln lassen. Augenärzte, die pauschal abwertend über ausländische Kliniken sprechen, sollten sie grundsätzlich meiden. Schließlich lernen die Augenärzte auf internationalen Kongressen selbst von ihren ausländischen Kollegen. Ausgangspunkt sind dabei die jahrzehntelangen Forschungen des Spaniers J. I. Barraquer, der in den fünfziger Jahren von Barcelona nach Kolumbien auswanderte und Bogota zu einem weltweiten Zentrum der Refraktiven Chirurgie machte.
In Spanien und Südamerika ist die Refraktive Chirurgie seit Jahrzehnten eine anerkannte Disziplin der Augenheilkunde. Für den Patienten stellt sich vor allem die Frage, ob der chirurgische Eingriff Nachbetreuung durch die Klinik benötigt. Kurzum eine LASEK und PRK ist aufgrund der Wundheilung und langen Kortisongabe sehr nachbetreuungsintensiv. Von einer Behandlung im Ausland würde ich hier abraten. Eine Lasik kann durchaus im Ausland durchgeführt werden. Neben der Anreise sollte man allerdings das Risiko durch sprachliche Missverständnisse und fehlende Kommunikation nicht unterschätzen.
Kusserow: Patienten, die sich heute für eine Behandlung in der Türkei, oder den neuen EU Ländern entscheiden, tun dies meist wegen des günstigen Preises und nicht wegen einer außergewöhnlichen Qualität. Aus Neugier habe ich mir den gesamten Ablauf einer Lasik Behandlung in einer von Deutschen sehr hoch frequentierten Praxis in der Türkei angeschaut. Die Technik schien soweit OK und auch das Personal machte einen sehr freundlichen Eindruck. Für viele mag das Gruppenerlebnis mit Gleichgesinnten in einer solchen Reise die Entscheidung zum Eingriff vor Ort erleichtern.
Doch genau hier liegt das Problem. Wer hat schon den Mut in einer Gruppe "nicht von der Brücke zu springen" und sich jetzt noch gegen den Eingriff zu entscheiden. Zwischen Voruntersuchung und dem Eingriff ist der Patient dort nie allein und dazwischen liegen häufig nur zwei Stunden. Aus unserer Sicht sollte ein Patient nach dem erstmaligen Kennenlernen der Einrichtung mindestens noch einmal über die Entscheidung schlafen müssen.
Mit welchen Kosten muss man für die Inanspruchnahme Ihrer Dienstleistungen rechnen?
Kusserow: Eine Erstberatung ist kostenfrei. Sollten Sie sich später für einen Eingriff über CLARIO entscheiden, bezahlen Sie selbst für die Behandlung mit unserem Beratungshonorar weniger als bei den sonst hier üblichen Preisen, da wir mit den TopChirurgen besondere Konditionen aushandeln, die wir direkt an unsere Kunden weitergeben.
Worin unterscheiden Sie sich von den deutschen Augenlaser-Ketten?
Kusserow: Wir sind ein unabhängiges Beratungsunternehmen auf dem Gebiet der Refraktiven Chirurgie und keine Klinikgruppe. Im Einzelfalle würden wir sogar eine Einrichtung der oben erwähnten Klinikgruppen benennen, sofern unsere Qualitätskriterien erfüllt sind und Interesse an einer Zusammenarbeit besteht. Wir möchten, dass Patienten hervorragende Chirurgen finden, egal von welcher Klinik. Zudem sieht sich CLARIO immer als unabhängiger Berater, d.h. wir sind frei von politischen Zwängen der Augenärzte, Augenoptiker oder der Geräteindustrie. Wir sehen uns als "Einkaufsberater" der Fehlsichtigen. Hervorragende Kliniken können von uns durchaus profitieren und auf bereits gut informierte Patienten treffen.
Die Gründer der Selbsthilfegruppen hatten vor dem fehlgeschlagenen Eingriff entweder falsche Erwartungen oder sie hatten sich zu wenig informiert. CLARIO ist aus der positiven Erfahrung des Gründers - dank einer langjährigen und gründlichen "Recherche" bereits vor dem Eingriff - entstanden. Gemeinsam ist, dass die Patientenperspektive im Vordergrund steht.
Kusserow: Übertreibung. Maßgeschneiderte Eingriffe (customized ablation) eignen sich vor allem für Patienten mit ungewöhnlichen Sehfehlern. Damit sind vor allem Irregularitäten auf der Hornhaut gemeint, d.h. Sehfehler, die sich nicht zufriedenstellend mit einer Brille auskorrigieren lassen. Diese kommen z.B. nach Augenverletzungen oder fehlgeschlagenen refraktiven Eingriffen vor. Für das normale fehlsichtige Auge lohnt sich ein maßgeschneiderter Eingriff (wellenfront- oder hornhautgesteuert) bei Augen mit weiten Pupillendurchmessern. Ein personalisierter Abtrag setzt jedoch eine viel höhere Zielgenauigkeit des Lasers als ein kreissymmetrischer Abtrag voraus.
Machen Sie sich mit der Herausgabe von kostenlosen Checklisten nicht überflüssig?
Kusserow: Jeder hat einen Anspruch auf einen Mindeststandard. Zudem sind wir der Meinung, dass jeder vor einem refraktiven Eingriff wirkliche Alternativen zur Auswahl haben sollte, um überhaupt eine Entscheidung sinnvoll treffen zu können. Natürlich gibt es noch wichtige Punkte, die Sie durch eine solche Checkliste nicht abdecken können. Dies betrifft besonders die Feinabstimmung zwischen Patient und Einrichtung. Auf Wunsch schauen wir dem Chirurgen bei der OP mit zu. Wir stellen auch sicher, dass der Patient ein Video des Eingriffs nach seiner Behandlung bekommt. Naja und nicht jeder möchte sich vor dem Eingriff mit dem Thema erst vier Jahre beschäftigen. Ein bisschen mit der Sache "schwanger gehen" sollte man aber beim eigenen Augenlicht in jedem Falle.
Kusserow: Schaut man nüchtern in die Vergangenheit, so hat sich seit 1998 für einen Kurzsichtigen Kandidaten zwischen -2 und -7 Dioptrie am Behandlungserfolg trotz einiger Technologiesprünge bei Laser und Mikrokeratom nicht wirklich viel verändert. Dies gilt allerdings nur, sofern der Patient schon damals eine absolute Spitzenklinik aufgesucht hatte. Folgende Trends lassen sich beobachten:
1. Die Geräteindustrie wird weiter die Einarbeitungszeit in ihre Geräte verkürzen, d.h. die Mikrokeratome werden auch für Anfänger sicherer werden.
2. Die Abgrenzungen der idealen Einsatzbereiche für die einzelnen Verfahren wie Lasik, LASEK, IOL oder CLE werden immer präziser.
3. Die Ergebnisse bei stark fehlsichtige Patienten außerhalb des + 3 - 8 Bereichs und hohe astigmatische Korrekturen werden vorhersagbarer.
4. Die Zielgenauigkeit eines personalisierten Abtrags wird der Genauigkeit den vorauseilenden Meßsystemen folgen und ein Visusgewinn vorhersagbarer.
5. Letztlich werden auch bessere Verfahren zum Umgang mit der Alterssichtigkeit möglich. Selber gespannt bin ich wie der "kulturelle Streit" zwischen Lasik und LASEK Verfechtern letztlich enden wird. Oder ob vielleicht sogar der Femtosekundenlaser die Wundheilungsprozesse an der Hornhaut am elegantesten "umschifft" und die Diskussion zwischen "Kortison"- (LASEK) und Lasik-Verfechtern, ganz zum erliegen bringt.
Kusserow: "In the long run we are all dead" (Keynes). Und zu jeder Zeit wird es in der Welt gute und weniger gute Einrichtungen geben. In manchen Einzelfällen mag es durchaus sinnvoll sein, noch ein paar Jahre zu warten. Dies gilt vor allem dann, wenn sich in diesen Fällen der Leidensdruck noch in Grenzen hält. Man darf aber nicht vergessen, dass es bei der Anwendung von neuen Technologien anfangs immer erst zu höheren Komplikationsraten und ungeahnten Risiken kommt. Vielen Dank für das Gespräch.
Letzte Aktualisierung am 29.07.2015.
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