Corrugator-Resektion
Mehrere Millionen Deutsche leiden unter Migräne, berichtet die Migräne-Liga. Eine Volkskrankheit, die ca. 18% der Frauen und 6% der Männer befällt, wie eine Untersuchung in den USA ergab. Ein Drittel sprechen auf die übliche medikamentöse Therapie nicht an. Eine Zufallsbeobachtung bei der weitverbreiteten Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin scheint neue Perspektiven zu eröffnen.
Schönheit und Medizin im Expertengespräch mit Dr. med. Caius Radu, Facharzt für Plastische Chirurgie, Praxis und Belegabteilung am St. Theresien-Krankenhaus in Nürnberg.
Wie kommt es, dass gerade Botox Migränebeschwerden beseitigen kann?
Dr. Radu: Lang bevor Botulinumtoxin in der ästhetischen Medizin Anwendung fand, wurde es zur Behandlung von Spastiken, so genannte Muskelverkrampfungen angewandt. Durch die "Entkoppelung" des Signals vom Nerven zum Muskel kommt es zu einer lokalisierten und reversiblen Lähmung. Diese Eigenschaft hat man sich auch bei der Behandlung mimischer Falten zunutze gemacht. Durch die sehr weite Verbreitung wurde ein interessanter Nebeneffekt beobachtet. Migränepatienten berichteten über eine Besserung ihrer Beschwerden.
Dr. Radu: Migräne ist ein sehr komplexes Krankheitsbild mit einer multifaktoriellen Genese. Ein großer Teil der Patienten scheinen jedoch die Anfälle über eine Stimulierung bestimmter Triggerpunkte zu bekommen. Man muss sich das so vorstellen, dass hyperaktive Muskeln vor allem im Stirn- und Schläfenbereich auf Nerven drücken, welche die Anfälle auslösen. Bei dieser Patientengruppe kann mittels Botulinumtoxin überprüft werden, ob sie dadurch beschwerdefrei werden.
Eine Arbeitsgruppe der Case Western Reserve University in Cleveland/Ohio, USA, hat im Rahmen einer Untersuchung festgestellt, dass über 80% der Versuchspersonen ganz oder zum Teil von den Anfällen befreit wurden.
Dr. Radu: Leider ist die Wirkung des Botulinumtoxins reversibel und hält 4 bis 6 Monate an. Filtert man jedoch diejenigen Patienten heraus, die auf diese Therapieform ansprechen, kann man ihnen eine dauerhafte Lösung anbieten, ein endoskopisches Stirnlift.
Dr. Radu: Unter den vier bekannten Triggerpunkten, die für die Auslösung dieser Art von Migräneattacken verantwortlich sind, befinden sich zwei im Stirn und Schläfenbereich. Zwischen den Augenbrauen befinden sich zwei kleine mimische Muskeln, welche die so genannten Zornesfalten verursachen. Bei der Anspannung dieser Muskeln wie beim Stirnrunzeln oder Lesen drücken sie die darunter liegenden sensiblen Nerven ab. Ähnlich verhält es sich bei einem weiteren Ast des Trigeminusnerven, der über dem Jochbein verläuft und von dem Schläfenmuskel abgedrückt werden kann.
Beim Stirnlift wird die gesamte Stirnhaut von der Unterlage abgelöst und gestrafft. Zusätzlich wird der "Stirnrunzler" (Corrugatormuskel) entfernt, was zu einer Dauerlösung des zugrunde liegenden Problems führt.
Dr. Radu: Die ursprüngliche Operation war mit einem großen Schnitt von Ohr zu Ohr verbunden. Viele Patienten scheuten zu Recht den Eingriff, da manchmal Haarausfall, sichtbare Narben oder Gefühlverlust der Kopfhaut die Folge waren.
Heute bedient man sich eines narbenarmen Verfahrens, der sog. endoskopischen Chirurgie. Ähnlich wie Eingriffe an der Gallenblase oder am Blinddarm über ein "Schlüsselloch" durchgeführt werden können, bietet auch die Plastische Chirurgie ähnliche Verfahren. Über 3 bis 5 kleine Schnitte im Bereich der behaarten Kopfhaut werden spezielle Instrumente und eine Videokamera eingeführt, die Kopfhaut gelöst und die Muskeln dargestellt. Es ist sehr wichtig, alles unter Sicht zu operieren, da die feinen Nervenfasern erhalten bleiben müssen. Der Muskel kann komplett und damit dauerhaft entfernt werden.
Dr. Radu: Nein, im Gegenteil. Man wird dauerhaft nicht mehr "böse" schauen können, das Gesicht ist wesentlich entspannter und die Stirn glatt. Zusätzlich können über 90% der Patienten, die auf die Behandlung mit Botulinumtoxin angesprochen haben, von den Migräneanfällen befreit werden..
Dr. Radu: An erster Stelle steht die enge Zusammenarbeit mit einem Neurologen. Wir arbeiten mit mehreren Kollegen eng zusammen. Im Vorfeld müssen andere Ursachen für die Migräneattacken ausgeschlossen werden. Erst wenn man die Gewissheit hat, dass eine hyperaktive Muskulatur im Stirn- und Schläfenbereich die Ursache ist, kann eine Vorbehandlung mit Botulinumtoxin durchgeführt werden. Über 80% sprechen darauf an und eignen sich somit für ein endoskopisches Stirnlift.
Das endoskopische Stirnlift wird in der Regel unter Vollnarkose durchgeführt. Da keine äußeren Narben sichtbar sind ist die Heilungszeit entsprechend kürzer. Nach Rückgang der Schwellung und eventueller blauer Flecken ist der Pat nach wenigen Tagen bereits gesellschaftsfähig.
Dr. Radu: Die Arbeitsgruppe aus Cleveland verfügt über Erfahrungen seit Ende der 90-er Jahre. In einer Studie aus dem Jahr 2000 berichten Sie über eine Beschwerdefreiheit von durchschnittlich 4 Jahren bei 80% ihrer Patienten.
Bislang können wir die ausgezeichneten Ergebnisse der amerikanischen Kollegen nur bestätigen und freuen uns, diese Behandlungsmethode in unserer Klinik erfolgreich anbieten zu können.
Dr. med. Caius Radu, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie |
Letzte Aktualisierung am 29.07.2015.
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