Der Vorwurf: Die Koalition basiere auf falschen Zahlen. Dies bezieht sich auf die von der Koalition veröffentlichte Statistik, 10% aller ästhetisch-plastischen Operationen würden an unter 20-jährigen vorgenommen.
"In Deutschland gab es bisher keine einzige Untersuchung, die Schönheitsoperationen bei Kindern und Jugendlichen zum Gegenstand gehabt hätte", sagt DGÄPC Präsident Dr. Rolf Kleinen. Nachweislich wurden hier bedenkenlos Daten aus den USA für Deutschland übernommen. Die Koalition nähme diese "10-Prozent-Lüge" jedoch wider besseres Wissen in Kauf, um die Ästhetisch-Plastische Chirurgie in Deutschland mit unsinnigen Maßnahmen in die Zweitklassigkeit abzudrängen.
Vor diesem Hintergrund führte die DGÄPC jetzt selbst eine Umfrage bei ihren Mitgliedern durch, die jährlich insgesamt rund 16.000 Operationen durchführen. Demnach werden nur weit unter 1% aller ästhetisch-plastischen Eingriffe bei Jugendlichen durchgeführt. Dazu gehörten ausschließlich medizinisch indizierte Operationen, die geeignet sind, körperliche Leiden und Folgeschäden für junge Menschen zu verringern - so zum Beispiel Brustverkleinerungen bei jungen Mädchen mit Riesenbrüsten (juvenile Gigantomastie).
"Angesichts dieser "realen" Daten fragen wir uns natürlich, mit welcher Legitimation die Koalition alle ästhetisch-plastischen Patienten - ohne Differenzierung und sogar mit höchster kirchlicher Unterstützung - als "Schönheits-Wahnsinnige" abstempelt und das jahrelange Qualitätsengage-ment niedergelassener Plastischer Chirurgen - die den Großteil aller Eingriffe durchführen - zugunsten unqualifizierter Ärzte zerstört", sagt Dr. Rolf Kleinen.
"Da treten in der Koalition zum Beispiel ausgerechnet jene Plastischen Chirurgen medienwirksam auf, die sich gar nicht schwerpunkt-mäßig mit Ästhetisch-Plastischen Operationen beschäftigen. Es scheint, als dienten die For-derungen nach restriktiven Regelungen für Schönheitsoperationen vor allem dazu, ärztlichen Kollegen "aus der zweiten Reihe" zu mehr Erfolg zu verhelfen. Dies sollte doch allen Beteiligten zu denken geben."
Wollte diese selbsternannte Gemeinschaft mehr patienten- und weniger interessenorientierte Wirkung zeigen, dann wäre es nach Ansicht der DGÄPC sinnvoll, sich vor allem dafür einzusetzen, dass Heilpraktikern, Kosmetikerinnen und Ärzten ohne adäquate chirurgische Ausbildung das Operieren und Behandeln im Bereich der Ästhetisch-Plastischen Chirurgie sofort und ohne Einschränkungen verboten wird. Stattdessen sorge das geplante Werbeverbot dafür, dass Patienten auch die letzte Möglichkeit genommen würde, anhand von Vorher-Nachher-Fotos die Qualität verschiedener Chirurgen zu vergleichen.
"Warum sollte eine medizinische Leistung, die dem Aussehen dient, sich nicht des objektiven, unmanipulierten Bildes bedienen dürfen", fragt die DGÄPC in ihrem offenen Brief. Um den Dialog konstruktiv zu begleiten, hat die erste und älteste Fachgesellschaft auf dem Gebiet der Ästhetisch-Plastischen Chirurgie in Deutschland diese und weitere Vorschläge in einem "8-Punkte-Aktions-Plan" zusammengestellt. Hier fordert die DGÄPC unter anderem eine unabhängige Gutachterkomission für Entscheidungen über die Behandlung junger Patienten sowie gesellschaftliche und arztunabhängige Kontrollinstitutionen - ähnlich der Stiftung Warentest - für die ästhetisch-plastische Chirurgie.
Letzte Aktualisierung am 29.07.2015.