Kurzinterview mit Prof. Biemer
Prof. Edgar Biemer ist Vorstand der Abteilung für Plastische und Wiederherstellende Chirurgie, Chirurgische Klinik und Poliklinik der Technischen Universität München (Klinikum Rechts der Isar), im Kurzinterview mit Schönheit + Medizin gemeinsam mit "Antenne1 Baden" nach dem Press-Round-Table auf dem Freiburger Kongress
Herr Prof. Biemer, Sie fordern neue Regelungen hinsichtlich des Facharzt-Status in der Schönheitschirurgie?
Wir fordern, dass die Ästhetische Chirurgie einen Facharzt-Satus bekommt. Der Patient sollte - wie überall in der Medizin- das Recht haben, von einem Facharzt behandelt zu werden. Es gibt bereits einen Facharzt für Plastische Chirurgie - der Streitpunkt ist der Graumarkt im Bereich der Ästhetischen Chirurgie bzw. Schönheitschirurgie. Dies ist ein Gebiet, in dem sich derzeit nahezu jeder bedienen kann. Das extremste Beispiel, wie ich einem konkreten Fall erfahren habe, ist ein Heilpraktiker, der Ganzkörper-Fettabsaugungen anbietet, Es ist auch untragbar, dass viele Faltenunterspritzungen oder Injektionen in Kosmetik-Instituten durchgeführt werden.
Halten Sie das Informationsangebot zur Plastischen Chirurgie im Internet für ausreichend?
Die Werbung - auch im Internet - ist mittlerweile ausufernd. Leider sind für den Patienten die wirklichen Grenzen zwischen wirklicher Information und reiner PR bzw. Werbung nicht mehr erkennbar.
Qualitymanagement ist heute in aller Munde. Natürlich will jeder Patient überall und zu jeder Zeit für sein Problem die beste Therapie, also höchste Qualität. Voraussetzung hierfür ist ein gesetzlich verankerter Facharzt-Standard. Dieser setzt voraus, dass flächendeckend ein Zugriff auf einen Facharzt für das Fachgebiet Plastische Chirurgie möglich ist. Dies ist aber im Bereich der Plastischen Chirurgie nicht gegeben. Hier zeigt sich bereits der erste Mangel: Nur ein Drittel der Universitätskliniken, abgesehen von großen Stadt- oder Kreiskrankenhäusern, verfügen über entsprechende Abteilungen für Plastische Chirurgie.
Dieser Mangel gilt für alle Bereiche der Plastischen Chirurgie einschließlich Nerven- und Handchirurgie. Die Folge davon ist die ungenügende Versorgung der Patienten oder nur Teilversorgung durch Fachärzte anderer Disziplinen. Exemplarisch für diese prekäre Situation ist der Arzt, der sich auf einem Wochenendkurs ein Lappenmodell technisch aneignet und in der Folge versucht, dieses Modell bei allen weiteren Indikationen zu verwenden.
Zudem wird meist versäumt, Patienten an einen entsprechenden Facharzt zu überweisen. Dies erstaunt um so mehr, da es sich, wie die Praxis zeigt, meist um nicht lebensnotwendig Eingriffe handelt. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Patientin, der von ihrem behandelnden Gynäkologen nach einer Brustamputation lediglich die Methoden zur Brustwiederherstellung empfohlen werden, die er selbst beherrscht. Seine Aufgabe wäre es, die betroffene Frau auch über komplexere Verfahren aufzuklären oder sie an einen entsprechenden Facharzt zu überweisen, was aber leider in vielen Fällen unterbleibt. Dies erstaunt, da insbesondere in der Öffentlichkeit Qualität in der Ästhetischen Chirurgie besonders beachtet und gefordert wird.
Ziel muss also sein, endlich einen flächendeckenden Facharzt-Standard zu erreichen, der diese berechtigte Forderung garantiert. Da aber auch die Politik sich konstant weigert, das Gebiet der Ästhetischen Chirurgie als Fachgebiet klar anzuerkennen, wird sich hier auch in Zukunft weiterhin jeder betätigen können. Somit setzt sich jeder Arzt eigene Qualitätskriterien, je nach individueller Vorausbildung. Die Folge ist, dass immer mehr gepfuscht wird und OP-Methoden weiterhin minimiert werden. Hinzu kommt, dass diese Operationen aufgrund eingeschränkter Operationsmöglichkeiten zunehmend ambulant erfolgen. Nach Außen werden solche Eingriffe und Resultate dann mit dem Hinweis auf weniger Komplikationen und eine schnellere Sozialisierung als besonders positiv verkauft.
Dass hierbei aber gesetzte Standards aus der Plastischen-Ästhetischen-Chirurgie vollkommen vernachlässigt werden und die Patienten letztlich bei gleichen Preisen um langanhaltende und wesentlich bessere Ergebnisse gebracht werden, zeigt sich täglich ( Prof. E. Biemer, München)
Letzte Aktualisierung am 29.07.2015.
Plastische Chirurgie, plastische Operation,