Schönheitschirurgie im Diskurs
Schönheitschirurgie: Neue Patienten-Beratung im Internet - teuer und ineffektiv - Plastische Chirurgen kritisieren kostenpflichtiges Beratungsportal von Nicht-Fachärzten
In keinem anderen Medizinbereich ist Beratung so wichtig wie in der Schönheitschirurgie. Die Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) kritisierte jetzt in einer kürzlichen Pressemitteilung einen neuen kostenpflichtigen "Online-Beratungs-Club" verschiedener Gynäkologen, Dermatologen und Ärzte anderer Fachrichtungen.
Zwischen 10 und 50 Euro koste die Mitgliedschaft in dem neuen Online-Beratungs-"Club" - je nachdem, ob der Patient nur eine oder bis zu 10 Fragen in 3 Monaten stellen möchte. Fragen seien gratis, die Antworten jedoch nur nach Clubbeitritt zu lesen; umsonst wäre auch die Adresse des antwortenden Arztes. Leider würden bis auf Ausnahmen keine Fachärzte
für Plastische Chirurgie antworten.
"Wir halten es für unverantwortlich, dass Patienten von Nicht-Fachärzten für frei zugängliche Informationen zur Kasse gebeten werden und dabei noch suggeriert wird, man könne sich so den persönlichen Gang zum Arzt ersparen", erklärte DGÄPC Präsident Dr. Rolf Kleinen aus Freiburg.
Denn keine Online-, Telefon- oder schriftliche Beratung könne und dürfe das persönliche Beratungsgespräch beim Plastischen Chirurgen ersetzen. "Nur dort können die Fachärzte wirklich adäquate und auf die Voraussetzungen der Person individuell zutreffende medizinische Einschätzungen vornehmen", so Dr. Rolf Kleinen.
Beauty-OP unterm Tannenbaum?
Vom vermeintlich hässlichen Entlein zum schönen Schwan mit den "Schönheits-Dokusoaps im Fernsehen sind Schönheitsoperationen endgültig allgegenwärtig in Deutschland. Ein Trend, der sich gerade in der Weihnachtszeit stark bemerkbar macht. Immer mehr Menschen schenken ihrem Lebenspartner eine Beauty-OP zu Weihnachten. Problematisch dabei: Oft wird
die Schönheits-Operation in Form eines Gutscheins verschenkt.
Allerdings: "Ein Geschenk-Gutschein für eine Schönheitsoperation setzt den Beschenkten unter Druck und nimmt womöglich seine Entscheidung vorweg, warnt Prof. Dr. Dr. Heinz G. Bull, Präsident der Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie Deutschland e. V. (GÄCD). "Vor dem Entschluss zu einem ästhetischen Eingriff muss derjenige durch einen
spezialisierten Arzt gründlich untersucht werden und über sämtliche Risiken und auch über Alternativverfahren aufgeklärt werden."
Auch muss geklärt werden, ob er aus medizinischer Sicht überhaupt operiert werden darf. Erst dann sollte sich ein Patient für eine Operation entscheiden. "Neben der Qualifikation des Mediziners ist ein gutes Arzt-Patienten-Verhältnis für den Erfolg der Operation wichtig", erklärt Prof. Bull weiter.
Bei einem Geschenkgutschein ist dem Beschenkten keine freie Arztwahl mehr möglich und ein persönlicher Entschluss für den Eingriff fraglich. Wenn schon eine Schönheitsoperation unterm Tannenbaum liegen soll, dann als persönliches Geschenk, das noch alle Freiheiten für oder gegen eine Operation beinhaltet.
Der Begriff "Schönheitschirurg" ist in Deutschland nicht geschützt. "Leider gibt es in Deutschland viele selbsternannte Schönheitschirurgen, die nicht über die notwendige Qualifikation verfügen, warnt Prof. Bull. Daher fordert die GÄCD zum Schutze des Patienten den Begriff "Ästhetische Chirurgie" einzuführen und zu schützen. Bis dahin sollte der
Patient sich nicht scheuen, den ausgewählten Mediziner nach Art und Umfang seiner Ausbildung und Spezialisierung zu fragen. Sinnvoll ist es, einen spezialisierten Facharzt für den gewünschten Eingriff aufzusuchen, zum Beispiel für eine Nasenoperation einen Hals-Nasen-Ohrenarzt mit der Zusatzqualifikation Plastische Operationen.
Ärztepräsident: Flächenbrand verhindern - Kritik an Schönheitsoperationen im Fernsehen
Die Bundesärztekammer steht den im Fernsehen präsentierten Shows mit Schönheitsoperationen kritisch gegenüber. "Ärzte dürfen Eingriffe nicht bewerben oder eine Operation als Show vermarkten", sagt Bundesärztekammer-Präsident Professor Dr. Jörg-Dietrich Hoppe im Interview mit dem Apothekenmagazin "Gesundheit". Deshalb beobachte die Ärztekammer die an
Fernsehshows mit Schönheitsoperationen beteiligten Ärzte, ob diese gegen das Berufsrecht verstoßen.
Weist ein Standesgericht ihnen Verstöße nach, kann es Geldstrafen verhängen, aber auch den Entzug der Approbation empfehlen, was für die Betroffenen einem Berufsverbot gleichkommt. Hoppe will aber zunächst eine gesellschaftliche Debatte darüber entfachen, "ob es tatsächlich wünschenswert ist, dass sich unsere Kinder mithilfe der Schönheitschirurgie
nach einem vorherrschenden Ideal stylen". Zum Glück befinde sich die Entwicklung noch in einem frühen Stadium. "Deshalb glauben wir, dass sich die Entwicklung abbremsen lässt, bevor ein Flächenbrand entsteht", so Hoppe.
Arztbehandlungen im Ausland: bei Pfusch wird`s teuer
Ob Brustvergrößerung, Zahnbehandlung oder Augenoperation - immer mehr Bundesbürger lassen sich im Ausland behandeln. Immerhin liegen die Kosten um bis zu 80% unter denen in Deutschland, wie die Zeitschrift "Vital" berichtet. Die Behandlung ist jedoch nicht unproblematisch.
Bei Pfusch haben Patienten im Ausland eher Schwierigkeiten, ihre Ansprüche durchzusetzen, wie Hartwig Meyer vom Berliner Verein Patientenschutz e.V. betont.
Gefragt sind beispielsweise Augenoperationen nach der anerkannten LASIK-Methode, bei der mittels Laser Kurzsichtigkeit behoben werden kann. Die Behandlung in Deutschland kostet etwa 2.000 Euro pro Auge, während sie in Polen inklusive Flug und Unterkunft schon für 1.800 Euro für beide Augen erhältlich ist. Auch in der Türkei und Thailand wird das
Verfahren angeboten. Experten weisen jedoch darauf hin, dass technisch veraltete Geräte und hygienische Mängel zu teuren Nachbehandlungen führen können.
Schönheitsoperationen werden unter anderem in Osteuropa, Südafrika und Thailand angeboten. So kostet eine Brustvergrößerung in Polen 750 Euro statt 4.000 Euro in Deutschland und Fettabsaugen am Bauch 1.200 statt 3.000 Euro. Doch gerade bei Schönheits-OPs sind die Risiken besonders groß, da im Ausland teilweise mit problematischen Materialien wie
Silikonöl als Faltenkiller gearbeitet wird, das zu erheblichen Hautschäden führen kann. Bei Kassenleistungen (gesetzlich oder privat) sollte man sich von einem deutschen und einem ausländischen Arzt einen Heil- und Kostenplan geben lassen. Kosten im EU-Ausland übernimmt die Kasse in Höhe der in Deutschland üblichen Sätze, allerdings muss sie vor der
Behandlung informiert werden.
Besonders groß ist das Haftungsrisiko bei Privatleistungen wie Schönheits-OPs und Behandlungen, die nicht im EU-Ausland durchgeführt werden. Wird hier gepfuscht, müssen Betroffene nach Angaben des Vereins Patientenschutz alle Folgeoperationen und die Prozesskosten selbst zahlen.
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