Menschen, die mit ihrem Äußeren unzufrieden sind, müssen nicht zwangsläufig zum Chirurgen: Der Hass auf den eigenen Körper wird immer häufiger durch Psychologen behandelt. Wer Probleme mit dem eigenen Körper hat, kann bei ästhetischen Operationen nicht mit der Unterstützung der Krankenkasse rechnen, auch wenn er sehr darunter leidet.
Diese Entscheidung wurde vor kurzem vom Koblenzer Sozialgericht gefällt. Die Klägerin bekam vor dreißig Jahren Brustimplantate eingesetzt. Sie hatte sich mit ihrem kleinen Busen nicht wohlgefühlt. Nun stand der Austausch der Implantate an. Ihre Krankenkasse erklärte sich zwar bereit, die Kosten für die Entfernung zu tragen, lehnte jedoch die Übernahme neuer, 200 Euro teurer Implantate ab.
Die Sprecherin des GKV-Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung erklärt, die Krankenkassen könnten lediglich in solchen Fällen für kosmetische Operationen aufkommen, in denen eine medizinische Indikation vorliege. Im Klartext bedeutet dies, dass eine Kostenübernahme auch bei stark entstellenden Geburtsfehlern oder Unfallverletzungen nur dann erfolgt, wenn eine körperliche Beeinträchtigung vorliegt. Das Leiden der Betroffenen alleine ist kein ausreichender Grund für eine Kostenübernahme ästhetischer Eingriffe durch die Kassen.
Überhaupt kommt eine Finanzierung nur dann in Frage, wenn der Makel offensichtlich ist und nicht unter Kleidung verborgen werden kann.
Frauen, die unter zu dünnen Lippen oder einer flachen knabenhaften Brust leiden, sind beim ästhetischen Chirurgen nicht immer an der richtigen Adresse. Die Einschätzung „Ich bin so furchtbar hässlich“ kann rein subjektiv sein und Ursachen in der Psyche des leidenden Menschen haben. Im Extremfall kommt es zu einem regelrechten Selbsthass. In diesen Fällen des Hässlichkeitswahns spricht man von der sogenannten Dysmorphophobie. Wohl bekanntestes Beispiel für einen Menschen, der unter dieser seelischen Erkrankung leidet, ist nach einhelliger Expertenmeinung Popstar Michael Jackson mit seinen über dreißig
Schönheitsoperationen .
Diese spezielle psychische Störung kennt die Wissenschaft seit ungefähr 120 Jahren. Erstmals umschrieben wurde sie von einem italienischen Mediziner. Bei den Betroffenen handelt es sich nicht um Menschen, die „normale“ Unzufriedenheit mit ihrem Körper und ihrem Äußeren zeigen. Der an Dysmorphophobie leidende Mensch ruiniert sich selbst und sei Leben mit dem unumwindlichen Wunsch, den empfundenen Makel loszuwerden und opfert dafür seine ganze Energie und Aufmerksamkeit.
In diesem Zusammenhang kommt es sehr häufig zu begleitenden Zwangserkrankungen wie ständigem Schauen in den Spiegel. Der Dysmorphophobe will seinen Körper und sein Aussehen unter Kontrolle haben. Leider sind die betroffenen davon überzeugt, ein rein körperliches Problem zu haben und meiden daher oft eine erfolgversprechende Psychotherapie.
Der plastische und ästhetische Chirurg Wolfgang Mühlhauer geht bei ca. zehn Prozent seiner Patienten von einer vorliegenden Dysmorphophobie aus. Bei Anfragen beschreiben die Hilfesuchenden ihre vermeintlichen Mäkel in seitenlangen Schreiben. Nach Mühlhauers Meinung sollte in keinem Fall eine Operation erfolgen, wenn der Patient sich als Folge des Eingriffs ein völlig verändertes Leben erhofft. In diesen Fällen sei stattdessen unbedingt zu einer psychiatrischen oder psychologischen Behandlung zu raten.